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US-Forscher erstellen detaillierte 3D-Karte des Mäusegehirns

by Andrew Rogers
US-Forscher erstellen detaillierte 3D-Karte des Mäusegehirns

US-Wissenschaftler haben einen bedeutenden Durchbruch erzielt: Sie haben die bisher detaillierteste 3D-Karte von Nervenzellen im Gehirn eines Säugetiers erstellt. Diese innovative Karte zeigt die Struktur eines Kubikmillimeters der Sehrinde einer Maus und offenbart 84.000 Nervenzellen, über 500 Millionen Synapsen und 5,4 Kilometer neuronale Verbindungen. Das Projekt liefert nicht nur einen tiefen Einblick in die neuronale Kommunikation, sondern könnte auch neue Perspektiven auf das menschliche Gehirn eröffnen.

Projekt MICrONS: Ein Durchbruch in der Hirnforschung

Das Projekt mit dem Namen MICrONS (Micro-Connectome of the Nervous System) hat das Ziel, nicht nur die Struktur von Gehirnzellen zu verstehen, sondern auch die elektrische Signalweitergabe zwischen den Nervenzellen zu erfassen. Der detaillierte Datensatz bietet einen unvergleichlichen Blick in die Funktionsweise des Gehirns und könnte dabei helfen, die Grundlagen von Wahrnehmung, Gedächtnis und möglicherweise auch Bewusstsein besser zu verstehen.

Forschung und Methoden

Das Projekt begann mit der Aufzeichnung der Gehirnaktivität einer Maus, während sie Filme und YouTube-Videos anschaute. Diese Daten wurden am Baylor College of Medicine gesammelt. Anschließend schnitten Experten vom Allen Institute das Gehirn in mehr als 25.000 ultradünne Schichten, die nur ein Vierhundertstel eines Haares dick sind. Diese Schichten wurden mit Elektronenmikroskopen erfasst und dann von einem Team der Princeton University zu einem vollständigen 3D-Modell rekonstruiert. Dabei kamen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zum Einsatz, um die enorme Menge an Daten zu verarbeiten und in ein detailliertes 3D-Modell umzuwandeln. Das finale Datenset umfasst beeindruckende 1,6 Petabyte, was etwa 22 Jahren ununterbrochenem HD-Video entspricht.

Wissenschaftliche Entdeckungen und neue Erkenntnisse

Dr. Clay Reid, Neurobiologe am Allen Institute, beschreibt das untersuchte Hirnareal als „eine wunderschöne Waldlandschaft“, in der klar erkennbare Muster in der Verbindung der Zellen bestehen. Diese Entdeckung ermöglicht es den Forschern, bestehende Theorien zu testen und gleichzeitig neue Zelltypen sowie bisher unbekannte Verbindungsprinzipien zu identifizieren.

Ein überraschender Befund war die Entdeckung, dass hemmende Nervenzellen nicht wahllos dämpfen, wie bislang angenommen, sondern gezielt bestimmte Zielzellen ansteuern. Diese Erkenntnis weist auf ein viel komplexeres und koordiniertes Zusammenspiel im neuronalen Netzwerk hin als bisher angenommen.

Zukunftsperspektiven: Eine neue Blaupause für die Neurowissenschaften

Dr. Nuno da Costa vom Allen Institute vergleicht die neu erstellte Karte mit „Google Maps des Gehirns“. Diese detaillierte 3D-Darstellung könnte künftig eine wertvolle Hilfe sein, um gesunde Gehirne mit denen von Patienten zu vergleichen, die unter Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Autismus oder Schizophrenie leiden. Sie könnte dabei helfen, die zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen besser zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln.

Dr. David Markowitz von der US-Behörde IARPA, die das Projekt mit koordinierte, bezeichnet die Entdeckung als „Meilenstein für die Neurowissenschaften“, vergleichbar mit dem Humangenomprojekt. Dieser Durchbruch könnte weitreichende Implikationen für die Medizin und die KI-Forschung haben und bietet neue Ansätze für das Verständnis komplexer Gehirnprozesse.

Ein bedeutender Fortschritt für Wissenschaft und Medizin

Die Ergebnisse dieses Projekts, die in mehreren Artikeln in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurden, gelten als bahnbrechend. Sie eröffnen neue Möglichkeiten für die Neurowissenschaften, die künstliche Intelligenz und die medizinische Forschung. Der detaillierte Blick auf das Gehirn könnte nicht nur dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen, sondern auch die Entwicklung neuer, präziserer Therapien vorantreiben.

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