Technik im Alter kann positive Effekte auf die geistige Gesundheit haben. Eine neue Analyse aus den USA zeigt, dass der Einsatz digitaler Geräte das Risiko für Demenz und kognitive Einschränkungen bei älteren Menschen verringern kann. Diese Studie stellt die „digitale Demenz-Hypothese“ infrage, die davon ausgeht, dass ständige Techniknutzung das Denkvermögen schädigt.
Studie widerlegt Bedenken zur digitalen Demenz
Zwei Universitäten aus Texas untersuchten den Einfluss digitaler Geräte auf das Gehirn älterer Menschen. Die erste Generation, die mit ständigen digitalen Geräten aufwuchs, hat nun das Rentenalter erreicht. Forscher analysierten 57 Studien mit mehr als 400.000 älteren Teilnehmern, um herauszufinden, ob digitale Aktivitäten das geistige Wohlbefinden fördern oder schädigen.
Die Ergebnisse der Analyse, die in der Fachzeitschrift Nature Human Behavior veröffentlicht wurde, zeigen: Menschen, die regelmäßig digitale Technologien wie Smartphones, Internet und soziale Netzwerke nutzen, haben ein um 42 % geringeres Risiko, an Demenz oder leichten kognitiven Beeinträchtigungen zu erkranken. Dieser positive Effekt bleibt auch bestehen, wenn andere Faktoren wie Bildung, Einkommen und Lebensstil berücksichtigt werden.
Digitale Aktivitäten als Schutzfaktor
„Digitale Werkzeuge sind keine Gefahr für das Gehirn, sondern können dessen Leistungsfähigkeit sogar fördern“, erklärt Dr. Jared Benge, einer der Studienleiter. Die untersuchten Technologien umfassen Internetnutzung, E-Mail-Kommunikation und den Einsatz von sozialen Netzwerken. In der Untersuchung wurde kein negativer Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Geräte und der geistigen Leistungsfähigkeit festgestellt.
Die Studien, die von den Forschern analysiert wurden, beinhalteten auch Langzeitbeobachtungen. In einer Untersuchung, die über einen Zeitraum von durchschnittlich sechs Jahren verlief, zeigte sich, dass Personen, die regelmäßig digitale Medien verwendeten, mental stabiler blieben.
Keine Gefahr durch digitale Medien
Die häufig diskutierte „digitale Demenz-Hypothese“, die behauptet, dass dauerhafte Techniknutzung die kognitiven Fähigkeiten schwächen kann, wurde durch diese Ergebnisse widerlegt. „Unsere Analyse zeigt, dass Technologie die geistige Gesundheit nicht nur nicht schadet, sondern im Gegenteil, sie kann als Schutzfaktor fungieren“, so Dr. Michael Scullin, Mitautor der Studie. Auch wenn bei sozialen Medien die Ergebnisse etwas uneinheitlicher sind, fanden die Forscher keinen Beweis für eine allgemeine Gefährdung des Gehirns durch digitale Geräte.
Die richtige Nutzung ist entscheidend
Obwohl die Ergebnisse positiv sind, raten Experten zu einer überlegten Nutzung von Technik. Dr. Benge warnt: „Die Studie zeigt nicht, dass man einfach ununterbrochen auf digitalen Geräten verbringen sollte. Es kommt darauf an, wie man Technologie nutzt.“ Aktivierende und sozial verbindende digitale Aktivitäten können dem Gehirn nützen. Doch exzessives, passives Scrollen in sozialen Medien oder stundenlanges Fernsehen sind nicht förderlich.
„Es ist wichtig, dass digitale Tätigkeiten Spaß machen und geistige Herausforderungen bieten. Eine ausgewogene Mischung aus Aktivitäten ist entscheidend“, so Dr. Sachdev, Experte für Neurologie an der Michigan State University. Diese Erkenntnisse stimmen mit anderen Studien überein, die zeigen, dass geistige Aktivität, egal in welcher Form, einen positiven Einfluss auf die Gehirngesundheit im Alter hat.
Kognitive Reserve und soziale Kontakte
Die Forscher betonen, dass die Studie die „kognitive Reserve-Theorie“ unterstützt. Diese Theorie besagt, dass geistige Herausforderungen im Leben das Gehirn stärken und vor kognitiven Abbauprozessen schützen können. Auch soziale Interaktionen, die durch digitale Kommunikationsmittel wie Skype oder WhatsApp erleichtert werden, tragen zum Schutz vor Demenz bei. Einsamkeit ist als Risikofaktor für Demenz bekannt.
Zukünftige Studien zur Techniknutzung
Die Studie lässt jedoch noch einige Fragen offen. So gibt es keine genauen Angaben dazu, welche spezifischen digitalen Aktivitäten besonders förderlich sind und wie viel Nutzung erforderlich ist, um Vorteile zu erzielen. Zudem wurde die Dauer der Techniknutzung nicht untersucht, was bedeutet, dass ein gewisses Maß an Nutzung möglicherweise mit einem höheren Risiko verbunden sein könnte.
Künftige Forschungen könnten mehr Klarheit darüber bringen, wie die Techniknutzung in verschiedenen Lebensphasen das Gehirn beeinflusst. Besonders interessant wird es, wenn die Generation, die von klein auf mit digitalen Geräten aufwächst, das Rentenalter erreicht.
Technik als Teil eines gesunden Lebensstils
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass digitale Technologie im Alter nicht nur unproblematisch, sondern sogar vorteilhaft für das Gehirn sein kann. Die Technik hilft dabei, geistige Fitness zu erhalten und soziale Bindungen zu pflegen – zwei wesentliche Faktoren, um im Alter geistig fit zu bleiben. Wie bei jeder Technologie kommt es auf die richtige Nutzung an.
Für ältere Menschen, die sich bisher von der Technik abgewendet haben, könnte diese Studie ein Anstoß sein, den digitalen Wandel zu begrüßen und von den positiven Effekten zu profitieren. Die Balance zwischen aktivem geistigem Einsatz und gesunder Nutzung digitaler Geräte scheint der Schlüssel zu sein, um die geistige Gesundheit langfristig zu erhalten.