Einblick in das kindliche Denken: Forschende der Universität Bristol beobachten mithilfe moderner Technik, wie sich Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Impulskontrolle bei Babys und Kleinkindern entwickeln.
Wie Kinder lernen, sich selbst zu steuern
In Bristol, Großbritannien, erforscht ein Team der Universität, wie Kleinkinder lernen, ihre Aufmerksamkeit zu lenken und eigene Entscheidungen zu treffen. Mithilfe spielerischer Tests, moderner Sensoren und MRT-Scans untersuchen sie die Gehirnaktivität von Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Ziel ist es, herauszufinden, wie sich Konzentration, Impulskontrolle und Denkprozesse in den ersten Lebensjahren entwickeln – wichtige Fähigkeiten für den späteren Schulerfolg.
Zwei Studien – zwei Generationen: Eine besondere Verbindung
Was die Studie einzigartig macht: Sie baut auf einer Untersuchung aus den 1990er Jahren auf. Damals nahmen über 14.000 Kinder aus der Region teil. Viele der heutigen kleinen Probanden sind Kinder dieser ersten Generation. So können Forschende jetzt vergleichen, wie sich Lebensumstände über Generationen hinweg auswirken.
„Diese Tiefe an Daten ist weltweit einmalig“, sagt Dr. Karla Holmboe, die die aktuelle Studie leitet. Sie erklärt, dass frühe Unterstützung nur gelingen kann, wenn man die Entwicklungsschritte rechtzeitig erkennt.
Spielerisch die Welt verstehen: Forschung im Kinderlabor
In einem kinderfreundlichen Labor dürfen die kleinen Teilnehmer spielen. Was nach Spaß aussieht, ist präzise Wissenschaft. Ein Beispiel: Der zweijährige Henry schaut auf ein iPad. Wenn ein lachendes Gesicht erscheint, tippt er es an, woraufhin ein Tier tanzt. Dabei trägt er eine Kappe mit Sensoren, die seine Gehirnaktivität misst.
Forschungsassistentin Carmel Brough erklärt, dass getestet wird, ob Henry flexibel auf Veränderungen reagiert. „Er gewöhnt sich daran, das Gesicht rechts zu sehen – dann erscheint es plötzlich links. So sehen wir, ob er alte Gewohnheiten ablegen kann“, sagt sie.
Gedächtnis und Sprache im Fokus
Ein weiterer Junge, Jackson, spielt ein Versteckspiel mit Aufklebern. Eine Forscherin bittet ihn, sich zu merken, in welchen Töpfen die Sticker liegen. Gelingt ihm das, darf er sie behalten. Dr. Holmboe erklärt: „Das Arbeitsgedächtnis hilft Kindern, Informationen kurz zu speichern – etwa beim Lesen oder Rechnen.“ Auch Sprachentwicklung und Lerngeschwindigkeit werden getestet. All das sind Grundbausteine für den späteren Schulalltag.
Rückblick auf 35 Jahre Forschung
Die Ursprungsstudie – bekannt als “Children of the 90s” – begann 1991 mit über 14.500 Babys. Sie lieferte Erkenntnisse über Übergewicht, Autismus, Umweltfaktoren und psychische Gesundheit. Einige Ergebnisse führten zu offiziellen Ernährungsempfehlungen. Eine Studie zeigte zum Beispiel, dass wählerisches Essverhalten bei Kindern meist keine langfristigen Folgen hat. Eine andere belegte, dass ein Mangel an fettem Fisch mit weniger Hilfsbereitschaft verbunden sein kann.
Neue Generation – neue Erkenntnisse
Jetzt richten sich die Forschenden auf die nächste Generation. Kinder wie Henry und Jackson werden bis zum Schuleintritt begleitet. Ihre Entwicklung wird dokumentiert – vom ersten Wort bis zum Lösen einfacher Aufgaben. Besonders spannend: Henrys Mutter Emily war selbst Teil der ersten Studiengruppe. „Früher entschied meine Mutter, heute mache ich freiwillig mit“, sagt sie. „Meine Jungs lieben es – sie spielen, essen Snacks und helfen gleichzeitig der Forschung.“
Warum frühe Förderung entscheidend ist
Dr. Holmboe betont: „Viele Probleme zeigen sich schon vor dem Schuleintritt. Wenn wir früh eingreifen, können wir Kinder besser unterstützen.“ Der Schlüssel liegt darin, die Entwicklung rechtzeitig zu beobachten. Genau das macht diese Studie möglich.
Forschung, die Generationen verbindet
Die aktuelle Studie aus Bristol zeigt, wie wichtig frühe Entwicklungsschritte für das spätere Lernen sind. Durch die Verbindung zweier Generationen entsteht ein einzigartiger Einblick in das Denken kleiner Kinder. Die Ergebnisse könnten langfristig helfen, Bildungsangebote gezielter zu gestalten – und Kindern den Start ins Leben zu erleichtern.