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Gefährliche Nahrungsergänzungsmittel für Kinder: Verbraucherschützer schlagen Alarm

by Andrew Rogers
Gefährliche Nahrungsergänzungsmittel für Kinder: Verbraucherschützer schlagen Alarm

Eine Untersuchung der deutschen Verbraucherorganisation Stiftung Warentest hat gravierende Mängel bei Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder aufgedeckt. Von 18 getesteten Produkten fielen 17 durch. Experten raten Eltern dringend davon ab, ihren Kindern solche Mittel ohne medizinische Rücksprache zu geben. Die Analyse zeigt, dass viele Produkte nicht nur überflüssig, sondern sogar gefährlich sein können.

Hohe Dosierungen und irreführende Werbeversprechen

Stiftung Warentest hat populäre Nahrungsergänzungsmittel mit offiziellen Nährstoffempfehlungen verglichen und die Werbemaßnahmen untersucht. Das Ergebnis ist besorgniserregend: 15 der getesteten Produkte enthielten Dosierungen, die weit über den sicheren Grenzwerten für Kinder lagen. Besonders alarmierend: Fünf Mittel übertrafen sogar die für Erwachsene empfohlene Höchstmenge an Vitamin A. Eine Überdosierung dieses Vitamins kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, darunter Leberschäden und Knochenprobleme.

Die Tester kamen zu dem Schluss, dass diese Produkte „zum besten nutzlos und zum schlimmsten gefährlich“ sind. Die Verbraucherorganisation warnt, dass Nahrungsergänzungsmittel für Kinder nicht ohne medizinische Notwendigkeit eingesetzt werden sollten.

Gesunde Kinder brauchen keine Nahrungsergänzungsmittel

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bestätigt die Ergebnisse von Stiftung Warentest. Laut BfR haben gesunde Kinder, die sich ausgewogen ernähren, keinen Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln. Ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel sollte nur von einem Arzt diagnostiziert und gezielt behandelt werden.

Trotz dieser klaren Empfehlungen bleibt der Markt für Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland und Europa beliebt. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2022 ergab, dass 93 Prozent der Erwachsenen in 14 EU-Ländern im letzten Jahr Nahrungsergänzungsmittel verwendet haben. Viele Menschen nehmen diese Mittel ohne medizinische Notwendigkeit ein, meist mit der Hoffnung, ihre allgemeine Gesundheit zu verbessern.

Marketing-Strategien beeinflussen Eltern

Stiftung Warentest kritisierte auch die Werbestrategien der Hersteller. Viele Unternehmen werben mit Versprechen wie “unterstützt das Immunsystem” oder “fördert die Entwicklung”. Doch oft gibt es keine wissenschaftlichen Belege für diese Aussagen.

Die Verbraucherorganisation fand heraus, dass einige Produkte mit übertriebenen und emotionalen Botschaften beworben werden, um Eltern zum Kauf zu bewegen. Manche dieser Werbestrategien verstoßen sogar gegen rechtliche Vorgaben.

Spezielle Fälle: Wann Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein können

Dr. Berthold Koletzko, Kinderarzt aus München und Präsident der European Academy of Paediatrics, weist darauf hin, dass es jedoch bestimmte Ausnahmefälle gibt. Kinder mit speziellen Ernährungsgewohnheiten, wie zum Beispiel Vegetarier oder Veganer, könnten in manchen Fällen von Nahrungsergänzungsmitteln profitieren.

Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass 3,4 Prozent der deutschen Kinder zwischen 6 und 17 Jahren sich vegetarisch ernährten. Koletzko geht davon aus, dass diese Zahl heute höher ist. Kinder, die wenig Sonnenlicht bekommen, könnten zudem an Vitamin-D-Mangel leiden. In solchen Fällen kann eine gezielte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll sein, jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht.

Gefahr durch übermäßige Einnahme von Vitaminpräparaten

Ein weiteres Problem ist die Überdosierung. Besonders gefährlich sind Gummibärchen- oder Lutschtabletten-Formen, die aufgrund ihres sußen Geschmacks wie Süßigkeiten konsumiert werden. Kinder neigen dazu, zu viele davon zu essen, was zu gesundheitlichen Problemen wie Verdauungsbeschwerden oder Überdosierungen führen kann.

Dr. Koletzko warnt: “Eltern sollten sehr sorgfältig wählen und immer zuerst den Kinderarzt konsultieren, bevor sie Nahrungsergänzungsmittel einsetzen.” Er betont, dass eine natürliche, abwechslungsreiche Ernährung die beste Strategie zur Deckung des Nährstoffbedarfs sei.

Fazit: Nahrungsergänzungsmittel sind oft unnötig und riskant

Die Untersuchung von Stiftung Warentest zeigt deutlich, dass die meisten Nahrungsergänzungsmittel für Kinder keinen Nutzen haben. Viele enthalten zu hohe Dosierungen und werden mit fragwürdigen Werbeversprechen vermarktet. Experten empfehlen Eltern dringend, sich nicht von der Werbung beeinflussen zu lassen und Nahrungsergänzungsmittel nur dann zu verwenden, wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht.

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